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Am sechsten Tag der 31. Theatertagen haben wir drei Stücke gesehen. Das erste kam von der 12. Klasse vom Karl-Liebknecht-Gymnasium. Statt Theatersport spielte die Klasse ausgewählte Szenen aus Kleists Hermannschlacht. Das Stück passt zum Thema „Grenzgänger“, da es in einem Wald stattfindet, eine Art Grenzgebiet für Hermann und seine Armee. Die junge Schauspieler sind modern gestaltet mit grossen Pistolen und haben präsenz auf der Bühne. Wir sehen elf junge Frauen in der zweiten Szene, die zusammen eine einzige Frau ironisch spielen. Da sie alle „Thusschen“ auf ihre T-Shirts haben, zeigen die SchülerInnen die Distanz zwischen sie und der Figur von Thusnelda, oder stellt die Rolle der Frauen in diesem Stück in Frage. Der Titel des Stückes nennt dieses Drama „das deutscheste Drama“. Das ist vielleicht auch ironisch gemeint. Troztdem zeigt das letzte Bild Zerstörung und erinnert uns daran, dass was Deutschland heute ist, wurde auch auf Trümmer gebaut. Das zweite Stück war eine musikalische Komödie „Szenen einer Ehe“ von der polnische Gruppe THEATR XL. Meiner Meinung nach erinnert diese Inszenierung an Cabaret (1966) und das Bühnenbild sieht aus wie ein typisches Kabarett. Die Kostüme sind auffällig: schwarz, bunt, Korsett, Anzug, und mit Federn überall. Die Geschichte wird hauptsächlich durch Lieder und Gesang erzählt: ein Ehepaar begrüsst die Stiefmutter, die den neuen Mann nicht mag. Sie versucht das Paar zu trennen, aber am Ende lernt mit den beiden zu leben. Die Lieder und Bilder sind amüsant und die Mutter ist besonders lustig: wie die Tochter sie ähnelt ist merkwürdig. Man sieht den Einfluss dieses Geist auf ihre Tochter und die Tochter muss vieles überwinden, um ihre Mutter zu verneinen. Eine alte Geschichte – der Kampf zwischen Familie und Liebhaber – schön erzählt. Das letzte Stück des Tages war ein Teil des „Edgar Allen Poe Projekts“. Für den Spätabend ist dieses Stück perfekt. Die ErzählerIn ist spielerisch mit Stimme umgegangen: die Geschichte wird von einer tiefen Stimme erzählt und hat einen starken, melancholischen Rhythmus. Die Bilder, die die Geschichte begleiten, bringen uns zurück zu „Herrmannschlacht“: wir sehen Bäume, einen bunten Wald. Das ist fast hypnotisch. Obwohl man kein Schweigen hört, ist die Stille des Stückes in diesen Bilder zu finden. Am Anfang und Ende kommt die höhere Stimme im Spiel und funktioniert als eine Art Grenze zwischen Erzählung und Erzähler. Wir sehen dadurch wie alle drei Stücke thematisieren das Überschreiten von Grenzen: Landgrenzen, Familiengrenzen, und erzählerische Grenzen. Überall ein toller Tag! Joseph Prestwich
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